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Automatisierter Datenabgleich - BAföG Rasterfahndung

Überblick über das verwaltungsrechtliche Verfahren mit den Studentenwerken - Stellenwert und Durchführung

Vorab sei gesagt, dass bereits zu Beginn des verwaltungsrechtlichen Verfahrens mit dem jeweils zuständigen Bafög-Amt wichtige Weichenstellungen bezüglich der Beurteilung jedes Überprüfungsfalles erfolgen können und sollten.

Eine exakte Aufklärung der jeweiligen Einzelfallkonstellation kann bereits zur Verhinderung eines Rückzahlungsbescheides führen, wenn der Sachverhalt ordnungsgemäß und umfassend belegt wird oder es kann ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren gegen einen bereits ergangenen Rückzahlungsbescheid durchgeführt werden.

In den vergangenen Monaten haben wir immer wieder Fallkonstellationen erlebt, in denen von den Betroffenen auf Grund mangelnder oder falscher Informationen es im verwaltungsrechtlichen Verfahren versäumt wurde, ausreichend und exakt genug Auskünfte über den zugrundeliegenden Sachverhalt zu erteilen und dies teilweise dazu führte, dass es zu "unnötigen" Rückzahlungsbescheiden und teilweise auch zu "unnötigen" Strafanzeigen wegen des Verdacht des Betruges gekommen war.

In einigen Fällen wäre dies mit einer ausreichender Einzelfallaufklärung zu vermeiden gewesen.

Dies ist auch für mich Motivation, Ihnen diesen Beitrag über den Stellenwert sowie einen kurzen Überblick über den Verlauf verwaltungsrechtlichen Verfahrens mit den Studentenwerken zur Verfügung zu stellen.

Verfahren:

In Bayern wurde bisher ein automatisierter Datenabgleich für die Jahre 2001 bis 2009 durchgeführt, der Datenabgleich für das Jahr 2010 und 2011 ist voll im Gange.

Bei diesem Datenabgleich werden die Namen der Bafög-Empfänger mit den Namen derjenigen verglichen, die bei ihrer Bank einen Freistellungsauftrag für das jeweilige Jahr gestellt haben.

Dadurch können vom Bundesamt für Finanzen Zinseinkünfte von Bafög-Empfängern festgestellt und an das zuständige Bafög-Amt zurückgemeldet werden.

Wer in einem Jahr mehr als 100,00 Euro Zinseinkünfte hatte, wird vom zuständigen Bafög-Amt aufgefordert, seine Vermögensverhältnisse zu den jeweiligen Antragsdaten, d.h. für alle bisher beantragten Bafög-Bewilligungszeiträume, aufzuklären.

Dies ist der Beginn des verwaltungsrechtlichen Verfahrens, bei dem Sie als Betroffene/r beteiligt sind.

Wie reagieren Sie?

Grundsätzlich ist es so, dass Sie als derjenige, der Sozialleistungen, hier Bafög, beantragt, nach § 60 Abs.1 SGB I verpflichtet sind, bereits bei Antragstellung alle Tatsachen anzugeben, die für den Bezug der Leistung erheblich sind und auch Veränderungen der Verhältnisse während der Bezugsdauer mitzuteilen. D.h. bei Antragstellung waren Sie verpflichtet, umfassend Auskunft über Ihre Einkünfte und Ihr Vermögen zu geben.

Auch jetzt im Nachhinein besteht diese Mitwirkungspflicht, jedoch sind ihr Grenzen gesetzt. Nach § 65 Abs.3 SGB I sind Sie berechtigt Angaben zu verweigern, wenn Sie sich damit der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen.

Trotz dieser Verweigerungsmöglichkeit ist es in den meisten Fällen nicht sinnvoll von dieser Gebrauch zu machen. Bei einer Weigerung ist in jedem Fall damit zu rechnen, dass Ihre Bafög-Akte unverzüglich wegen des Verdachts des Betruges an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird.

Sie haben die Möglichkeit (selbst oder über einen Rechtsanwalt) Akteneinsicht beim Studentenwerk zu beantragen.

In jedem Fall sollten Sie den Aktenvermerk des Bundesamtes für Finanzen einsehen, aus dem Sie ersehen können, bei welchen Banken und in welcher Höhe Zinseinkünfte festgestellt wurden.

Zentral ist nun die Frage:

Handelt es sich bei dem den festgestellten Zinseinkünften zu Grunde liegenden Vermögen tatsächlich um Ihr eigenes Vermögen bzw. hatten Sie Kenntnis von den Geldern?

Immer wieder erleben wir Fallkonstellationen, in denen die Studierenden von bestimmten Gelder tatsächlich keinerlei Kenntnis hatten, es sich um Gelder von Eltern oder Verwandten handelt, welches nur auf den Namen des Studierenden geparkt wurde oder den vorhandenen Geldern Schulden entgegenstehen, die miteinander aufzurechnen sind.

Die Fallkonstellation "geparktes Geld" ist durch genaue Nachweise der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse zu belegen.

Die Bafög-Ämter sind angewiesen, sog. "Parkfälle" anzuerkennen, wenn die entsprechende Erklärung des Studierenden durch eine Erklärung der Eltern oder Verwandten, dass das Geld ihnen gehört und der Zweck der Geldanlage eine Steuerersparnis war, bestätigt wird (Beleg: eine sog. strafbefreiende Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt).

Auch bei nachweisbarer Nichtkenntnis von Geldern kann im Nachhinein keine Vermögensanrechnung erfolgen.

Ebenso folgende Fragen sind wichtig: wer hat tatsächlich den Freistellungsauftrag bei der Bank unterzeichnet? Wer hatte Kontovollmacht? Für wessen Zweck wurden Gelder verwendet? Es gibt immer wieder den Fall, dass Eltern den Freistellungsauftrag zu einer Zeit unterzeichnet haben, in dem der Studierende noch minderjährig war und dieser Freistellungsauftrag bis heute - ohne Erneuerung durch den Studierenden selbst - weiter läuft.

Was gehört zu Vermögen nach BAföG?

Zu Vermögen i S.v. BAföG gehören nach § 27 BAföG alle beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie Forderungen und sonstige Rechte.

Nicht zum Vermögen gehören fremde, nicht dem Bafög-Empfänger zuzurechnende Vermögenswerte, also z.B. sog."geparktes Geld" (s.o.).

Schulden und Lasten sind vom Vermögen abzuziehen.

Zu beachten sind die Vermögensfreibeträge nach § 29 BAföG.

Stellungnahme an das Studentenwerk

Die jeweils bei Ihnen vorliegende Einzelfallkonstellation ist dem Studentenwerk mitzuteilen und anhand offizieller Nachweise zu belegen.

Es ist große Sorgfalt auf die Aufklärung des jeweiligen Sachverhaltes zu legen!

Wie zu Beginn des Beitrages dargestellt, konnten in einigen Fällen bereits durch ausreichende Aufklärung im verwaltungsrechtlichen Verfahren weitere Folgen vermieden werden.

Rückzahlungsanspruch:

Bei tatsächlichem Vorliegen eines Rückforderungsanspruches ist die Summe von der Behörde exakt unter Beachtung der Vermögensfreibeträge und unter Berücksichtigung des sog. fiktiven Verbrauchs zu errechnen.

Bitte überprüfen Sie die Rückzahlungsbescheide daher genau. Ist für Sie der Rückzahlungsanspruch der Behörde von vorne herein eindeutig und die Rückzahlungshöhe zweifelsfrei, besteht für Sie die Möglichkeit bereits vor Erlass eines Rückzahlungsbescheides die sog. freiwillige Rückzahlung der erhaltenen Bafög-Zahlungen anzubieten.

Die freiwillige Rückzahlung kann sich in diesen Fällen in erheblicher Weise positiv auf das sich anschließende Strafverfahren wegen Verdacht des Betruges auswirken.

Bettina Weber
Rechtsanwältin

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